Bekämpfung durch die Oestreicher und Franzosen.
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wurde, bis nach der Unterwerfung Oberitaliens unter Oestreich der volkstümliche Mazzini, das längst anerkannte Haupt des „jungen Italiens", mit neuen Vchaaren nach Rom kam und den demokratischen Enthusiasmus aufs höchste zu steigern wußte. Rom sollte als Bollwerk der italienischen Freiheit behauptet und von da aus ganz Italien wieder revolutionirt werden. Da vereinigten sich die europäischen Mächte zur Wiedereinsetzung des Papstes in seine verlorene Gewalt: Oestreicher, Neapolitaner und selbst ein Heer der französischen Republik unter dem Oberbefehl des Generals Oudiuot rückten gegen Rom heran und letzterer schickte sich nach vergeblichen Unterhandlungen mit der republikanischen Regierung sofort an, die Stadt zu erstürmen. Ein erster Angriff mißlang und Ondinot zog sich aus Meer zurück, um Verstärkungen abzuwarten, während dessen Garibaldi die Neapolitaner au^ dem Kirchenstaat zurückschlug. Bald aber rückte Oudiuot mit seiner ganzen Expeditionsarmee zu einem neuen Sturm heran, und obwohl die Römer sich tapfer und geschickt vertheidigten, so wurde doch die Stadt genommen, und Garibaldi, Mazzini nebst ihren thätigsten Anhängern mußten die Flucht ergreifen (3. Juli 1849). Die
Aber sein Corps zerstreute sich bei dem Anrücken der Oestreicher und Garibaldi mußte, nur von wenigen Getreuen begleitet, fliehen.
Im November trat er im Toscanischen wieder auf und rief neue Frei-schaaren zusammen, welche er nach Rom führte. Siegreich focht er hier gegen Franzosen und Neapolitaner; als aber Rom gefallen war, entwich er mit seiner Schaar und unternahm kühne Streifzüge nach dem Toscanischen, auf welchen ihn sein heldenmüthiges Weib Anita Loreta, welche er in Amerika geheirathet hatte und die ihm schon früher in seinen dortigen Feldzügen gegen Rosas eine treue Gefährtin gewesen war, begleitete. Am 31. Juli 1849 bei Monte Maggiore von den Oestreichern überfallen, rettete er sich in die Apenninen. ‘ Sein Versuch, auf vereinzelten Fahrzeugen durch das östreichische Blockadegeschwader nach Venedig zu entkommen, scheiterte; er begab sich, nachdem sein treues Weib zuvor in einer Bauernhütte am Meeresstrande den Strapazen erlegen war, von Ancona nach Genua. Der Aufenthalt in Tunis, wohin er auswandern wollte, wurde ihm verweigert; hierauf lebte er eine Zeitlang auf der kleinen Insel Maddalena an der Nordküste Sardiniens, dann nöthigte ihn die Regierung, sich nach Gibraltar zu begeben, und auch hier nicht aufgenommen, ging er nach Marokko. Endlich schiffte er sich wieder nach Nordamerika, ein und lebte in den- Vereinigten Staaten theils von dem Gewinn seiner Betheiligung an einer Kerzenfabrik, theils von Küstenschifffahrt. Später hielt er sich in Peru auf. 1854 kehrte er nach Europa zurück und lebte bis 1858 mit Landwirthschast beschäftigt auf der kleinen Jiisel Caprera. Der Ausbruch des Krieges zwischen Oestreich und Sardinien führte ihn wieder auf den Waffenschauplatz zurück; er wurde zum sardinischen General und Anführer eines Freicorps ernannt.
Weltgeschichte für Töchter. Iv. 16. Aufl. 15
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Neueste Geschichte. 3. Periode.
Graf von Syrakus; er empfahl dem Könige Gewährung constitu-tioneller Freiheit und Allianz mit Sardinien. Franz Ii. folgte andern Rathschlägen; er sah es nicht, daß die Grundlagen seiner Herrschaft unterwühlt waren. Hatte er doch einige Monate nach seiner Thronbesteigung die Schweizer Truppen entlassen und damit eine der Stützen.seines Thrones abgebrochen.
In den ersten Tagen des April 1860 brachen in Palermo und Messina Aufstände aus. Wahrscheinlich waren sie durch Mazzini veranlaßt; die Aufrührer wurden aus den Städten in das Innere der Insel zurückgetrieben, wo die Gährnng fortdauerte. In Norditalien erregten diese Vorgänge große Theilnahme, und in Garibaldi's feuriger, von einem schwärmerischen Patriotismus erregter Seele entstand der Gedanke, Siciliens Erhebung zu unterstützen, den Thron von Neapel zustürzen, und so den Süden Italiens mit dem anderen schon zusammengehörenden Theile zu vereinigen. Die Kühnheit dieses Planes und seiner Ausführung war großartig. In Sicilien standen gegen 30,000 Mann königliche Truppen und im Neapolitanischen wohl die dreifache Zahl. Mit 1067 Freiwilligen und vier Kanonen fuhr Garibaldi in der Nacht vom 5. auf den 6. Mai in Genua ab, auf zwei fardinischen Dampfbooten unter englischer Flagge, scheinbar ohne Wissen oder doch wider Willen der fardinischen Regierung. Am 11. Mai landete er an der Westküste Siciliens bei Marsala, verstärkte sich durch Jnsnrgentenschaaren und nachfolgende Freiwillige und übernahm nun die Dictatur über Sicilien im Namen Victor Emanuels, des Königs von Italien. Rasch drang er vor und begann am 27. Mai den Angriff auf Palermo. Hier standen in der Citadelle und in den Befestigungen 25,000 Mann; im Hafen lagen 8 neapolitanische Kriegsschiffe. Es wurde ein surchtbates Bombardement gegen die Stadt eröffnet, welche zur Hälfte schon in Garibaldi's Händen war. Am 6. Juni war der königliche General Lanza genöthigt, eine Kapitulation zu unterzeichnen, der zu Folge er sich mit seinen Truppen nach Neapel einschiffte. Sicilien war den Siegern überlassen, nur in Messina hielten sich noch die Truppen unter dem 75jährigen General Fergola. Garibaldi ernannte ein Ministerium zur Verwaltung der Insel.
Dieser niemals für möglich gehaltene, rasche Verlust Siciliens verursachte am Königshofe von Neapel die größte Bestürzung. Es trat ein Wechsel der Ansichten und Entschlüsse ein, wie ihn die rathlose Verzweiflung erzeugt. Der König erließ eine all-
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Das Königreich Italien.
319
daß seine Armee „in Folge der thatsächlichen Abdankung des Königs Franz Ii. von Neapel" das Königreich beider Sidlien besetzen Tüerbe. Das Parlament in Turin hatte die dortige Regierung ermächtigt, die Annexion der Provinzen Mittel- und Süd-Italiens ins Werk zu setzen, wenn sich der Wille des Volkes dafür ausspräche. Das waren freilich schwache Rechtsgründe, kaum mehr als formelle Ankündigungen eines Verfahrens, welches man wohl selbst als gewaltsam erkannte; aber wie die Dinge sich einmal gestaltet hatten, blieb dem Könige Victor Emanuel keine andre Wahl mehr, als die Fahne der monarchischen Einheit Italiens bis zum Aetna hin zu entfalten.
Die sardiuische Armee rückte heran und stieß am 17. October mit den Neapolitanern zusammen, die sich zurückziehen mußten. Am 25. vereinigten sich Garibaldi's Schaaren mit dem italienischen H^re. Mit Cialdini, welchem der Dictator zuerst begegnet war, sprengte er dem Könige entgegen und begrüßte ihn mit tiefer Bewegung als König von Italien. „Ich danke!" erwiederte Victor Emanuel und reichte Garibaldi die Hand. Er erzeigte ihm die größte Freundschaft und ließ die Armee Zeuge dieses schönen Einverständnisses sein.
Capna ergab sich am 2. November. Am Tage darauf überschritt die italienische Armee den Garigliano, schlug die neapolitanischen Truppen und zwang einen Theil derselben, sich in Gaeta einzuschließen. Der andre Theil, noch an 25,000 Mann, zogen an der Küste hin und traten auf römisches Gebiet über. Nun konnte Victor Emanuel, an seiner Seite Garibaldi, den Einzug in Neapel halten. Er empfing im Thronsaale des Königsschlosses die Entscheidung der am 21. October vollzogenen Abstimmung, welche die Annexion an Sardinien begehrte. Der König erklärte, dieses Herrscheramt anzunehmen. Auch Umbrien und die Marken schlossen sich an. Da nun Garibaldi's Dictatnr beendigt war, legte er dieselbe nieder, nahm Abschied von seinen Waffengefährten und verließ Neapel, um nach seiner kleinen Besitzung auf Eaprera zurückzukehren. Alle ihm angebotenen Würden und Dotationen wies er zurück; er fühlte sich, gleich seinen hohen Vorbildern aus alter Römerzeit, damit befriedigt, der Vereinigung feines Vaterlandes gedient zu haben.
Diese Vorgänge in Italien, die neuen Annexionen und die Art und Weise, mit welcher die Krone von Neapel ergriffen worden war, hatten bei den Königen Europa's ernste Bedenken, auch
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Neueste Geschichte., 3. Periode.
Die größten Schwierigkeiten in der Neugestaltung Italiens fand die Regierung in dem ehemals neapolitanischen Gebiete. Hier organisirten sich zahlreiche Brigantenbanden, sogenannte irreguläre Truppen im Dienste Franz Ii., in der That aber Räuberbanden, verstärkt durch ehemalige neapolitanische Soldaten. In einigen Gegenden richtete sich ein förmlicher Guerillakrieg ein. Die Regierung schritt mit Energie, ja mit Härte gegen das Unwesen ein. Aber die öffentliche Sicherheit konnte dabei nicht gedeihen, Handel und Wandel stockten, die neuen Verhältnisse erschienen oft noch ungewohnt, lästig, ja widerwärtig, und auch Unglücksfälle, wie der schreckliche Ausbruch des Vesuv im December 1861, steigerten die Schwierigkeiten. Es erhielt sich immer noch eine bald lauter werdende, bald stillere Gährung im Volke.
Nicht völlig unerwartet, aber höchst schwierig und peinlich sür die Regierung war die Lage, in welche sie durch ein neues Unternehmen Garibaldi's gesetzt wurde. Diesem Feuergeiste sagte nur Wagen aber nicht Warten zu; Rom sollte die Hauptstadt des neuen Italiens werden. Er hielt es für möglich, durch einen Angriff auf Rom die Franzosen zur Räumung der Stadt zu zwingen. In solcher Absicht begab er sich nach Palermo und sammelte Freiwillige. Vergebens erklärte der König, „daß derjenige nicht der Fahne Italiens folge, der die gesetzlichen Schranken durchbreche, die Freiheit und Sicherheit des Vaterlandes gefährde und sich zum Herrn seiner Geschicke auswerfe." Garibaldi ließ sich nicht zurückhalten. Er setzte mit seinen Freiwilligen von Catanea nach der Küste von Calabrien über. Hier standen königliche Truppen. Der Oberst Pallavicino erhielt von Cialdini den Befehl, den Frei-schaaren rasch zu folgen. Bei Aspromonte erfolgte am 28. August 1862 der Zusammenstoß. Garibaldi wurde am rechten Fußgelenk gefährlich verwundet und mußte sich mit seiner Schaar ergeben. Er wurde in rücksichtsvoller Gefangenschaft gehalten (Spezzia, Insel Palmaria) und im October entlassen. Die Heilung seiner Wunde erforderte noch längere Zeit; erst im December kehrte er nach Caprera zurück.
Die römische Frage wurde nun durch einen Vertrag mit Frankreich, 15. September 1864, so entschieden, daß Frankreich versprach, binnen zwei Jahren seine Truppen aus Rom zurückzuziehen, wogegen Italien sich verpflichtete, Angriffe von außen auf das gegenwärtige päpstliche Gebiet abzuwehren. Florenz sollte die Hauptstadt des Königreiches werden. In Turin verursachte
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Extrahierte Ortsnamen: Italiens Italiens Rom Palermo Italiens Insel_Palmaria Caprera Frankreich Frankreich Rom Italien Turin
1866 bis 1870. Italien. 385
von Anfang her von Intriguen umspannte und den Widerstand nicht genügend berechnende Unternehmen war gescheitert Garibaldi selbst wurde auf dem Rückwege nach Florenz wiederum verhaftet, aber nach einigen Wochen gestattete man ihm, da er erkrankt war, die Rückkehr nach Caprera. Hier in seiner Zurückgezogenheit verblieb er, bis ihn im deutsch-französischen Kriege seine Theilnahme für die Vertheidigung der Republik auf den dortigen Kriegsschauplatz zog. Die königlichen Truppen verließen den Kirchenstaat, während die französischen zwar nicht in Rom selbst, aber doch auf römischem Gebiet in Civitavecchia stehen blieben. Diese Intervention und fortdauernde Occupation trug nicht wenig dazu bei, die bisher so lebhafte Stimmung für Frankreich abzukühlen. Und wenn die Besitznahme Roms auch jetzt mißlungen war, so blieb doch Rom als die Hauptstadt Italiens das Ziel der Gedanken.
Auch außer dieser römischen Angelegenheit hatte die italienische Regierung, deren Minister-Präsidenten in diesen Jahren Ricasoli, Ratazzi, Meuabrea und Lanza waren, große und schwere Aufgaben durchzuführen. Die Verschmelzung so vieler, bisher völlig getrennter, ja sogar eifersüchtig einander gegenüber stehender Landestheile zu einem Ganzen, die Beftiedignng bedeutender, gleichzeitig herandringender Bedürfnisse, die daraus entstehende drückende Finanznoth erforderten eine nie versagende Kraft und Gewandtheit, Besonnenheit und Ausdauer seitens der Regierung. Dazu kam noch die mangelnde Beruhigung der Zustände. Noch waren die Italiener in zwei sich gegenseitig ausschließende Lager geschieden: Anhänger des Alten, vornämlich in Beziehung auf kirchliche Verhältnisse und Anhänger des Neuen, oft so ungestüme Freunde des nationalen Aufschwunges, daß ihnen nicht selten die Regierung noch zu langsam ging. Daher die sich wiederholenden Ausbrüche von Unruhen in Unteritalien und Sicilien, daher die Auflehnung gegen manche Maßregel der Regierung, sowie auch die anarchischen Bewegungen in Mittel- und Oberitalien, daher auch der seltsame Contrast zwischen den Beweisen lebhafter Anhänglichkeit an die römische Hierarchie und zwischen den Wuthausbrüchen gegen die Geistlichkeit, wie sie 1868 in den Kirchen zu Padua und bei der Frohnleichnams - Prozession in Venedig sich ereigneten. Die versöhnende Macht der Zeit und der wachsenden Einsicht in die Bedingungen nationaler Wohlfahrt hatten in Italien noch viele Schwierigkeiten zu überwinden und auszugleichen. Erfreuliche Zeichen der erstarkenden Selbständigkeit waren der begeisterte Em-
Weltgeschichte für Töchter. Iv. 16. Aufl. 25
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474
Neueste Geschichte. 3. Periode.
waren die Kämpfe um Estella und Bilbao. Mehrere Jahre hielt sich Don Carlos; als sich aber Estella 1876 ergab, mußte er das Land verlassen und der Krieg war beendigt. Republikanische Ausstände waren schon 1872 auch in Saragossa, Valencia, Andalusien ausgebrochen. Am 19. Juli desselben Jahres wurde ein heimtückisches Attentat auf das Leben des Königs gerichtet, er entging der Gefahr. Amadeo überzeugte sich, daß es ihm nicht gelingen werde, Ordnung und Ruhe im Lande zu schaffen. Er legte im Februar 1873 die Krone nieder und kehrte nach Italien zurück. Nun erhoben sich die Parteiungen wieder in ungehemmter Gewalt; im Juni wurde Spanien zu einer Föderativ-Republik erklärt. Noch wüthete der Carlistenkrieg im Norden; in Cadix, Malaga, Sevilla, Valencia und Carthagena steckten die Socialdemokraten die rothe Fahne aus. Eine völlige Auflösung des staatlichen Zusammenhanges schien hereinzubrechen, und auch der Rest der transatlantischen Besitzungen, die Insel Cuba, lag im Aufruhr. In Madrid war der Kampf der Parteien bei der Militärdictatur unter General Serrano angelangt. Da proclamirte im Dec. 1874 General Martiuez Campos den Sohn der Königin Jsabella Ii., Alphons Xii., als König von Spanien. Er hatte bis dahin in Paris gelebt. Der junge Herrscher landete ant 9. Januar 1875 in Barcellona und hielt ant 14. seinen Einzug in Madrid. Die öffentlichen Zustände wurden durch eine Verfassung geordnet, die Fueros von Navarra und den baskischen Provinzen wurden aufgehoben und diese Provinzen den übrigen gleichgestellt; auch auf Cuba ist der Bürgerkrieg beendigt worden. Leider aber ist auch König Alphons zweimal schon Attentaten ausgesetzt gewesen, 25. Octbr. 1878 und 29. Deck. 1879. In beiden Fällen waren die Verbrecher junge Leute, dem Arbeiterstande angehörig, aber verkommen und von keinen andern Motiven getrieben, als von der tiefsten Verwahrlosung des moralischen Gefühls. Der König blieb unverletzt. ________'
Die Nationalversammlung in Frankreich hatte, sobald es möglich wurde, ihren Sitz von Bordeaux nach Versailles verlegt. Sie hatte große und schwierige Ausgaben zu lösen, aber entschlossen und mit Vertrauen begann Thiers das Werk. Da wurde Frankreich plötzlich von einer andern Gefahr bedroht, durch einen furchtbaren Aufstand in Paris. Die erste französische Revolution hatte mehr einen politischen Charakter gehabt (Umgestaltung der Staats-
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Neueste Geschichte. 3. Periode. *
hänglichkeit zu gewinnen, selbst der Erlaß einer Amnestie (Januar 1857) blieben wirkungslos. Der Gedanke, daß die östreichische Herrschaft in Italien eine Fremdherrschaft sei, hatte seinen verwundenden Stachel zu tief in die Nation gesenkt; der Wunsch nach einer nationalen Einheit Italiens dnrchdrang das Volk immer lebhafter. Den Negierungen, die von Sardinien ausgenommen, war dieser Gedanke verhaßt; je harter einige derselben, namentlich die von Modena, Parma, Neapel dagegen auftraten und sogar, wie es in Parma geschah, vor schimpflicher Behandlnng von Frauen, welche die italienischen Farben getragen hatten, nicht znrückbebten, desto breiter und tiefer wurde die Kluft zwischen jenen Regierungen und dem Volke. Auch im Kirchenstaate verfuhr man nach der Wiederherstellung der päpstlichen Regierung mit furchtbarer Strenge gegen alle Theilnehmer an jenen politischen Kämpfen und Verirrungen, zu denen der Papst selbst einen so bedeutenden Anstoß gegeben hatte. Es sollen im Kirchenstaate in einem Jahre 1644 Personen hingerichtet worden sein; im Jahre 1854 gab es dort über 13,000 politische Gefangene. Verbesserungen in den staatlichen Einrichtungen, wie nothwendig sie .auch erschienen, wurden immer wieder hinausgeschoben. Eine Rundreise, welche der Papst im Sommer 1857 durch den Kirchenstaat machte, erreichte trotz alles Gepränges den beabsichtigten Eindruck nicht. In Neapel Überließ sich Ferdinand Ii. einer so verblendeten Auffassung des absoluten Herrscherrechtes, daß der französische Bevollmächtigte bei dem Pariser Friedenscongreß, Graf Walewski, auf die unerträgliche Härte der Regierung zu Neapel hinwies. Der König verschloß sich in seinen Palast zu Caserta und umgab sich mit zahlreichen Wachen, oder er zog sich in die Festung Gaeta zurück. Fast in allen Staaten Italiens waren die Regierungen von Mißtrauen gegen das Volk, und das Volk von Haß und Erbitterung gegen die Regierungen erfüllt.
Daß diese Zustände auf den lebhaften, ja leidenschaftlichen Charakter des italienischen Volkes den schlimmsten Einfluß üben mußten, war unvermeidlich. Daher kam es, daß Mazzini, der nnermüdet und vor keinem Mittel zurückscheuend, für eine Republik Italien thätig war, immer bereiten Boden zur Erregung von Aufständen fand. Solche Aufstände brachen aus in Genua, in Livorno und an der neapolitanischen Küste. Sie wurden unterdrückt, aber sie steigerten den Fanatismus. Die geheimen Gesellschaften richteten ihren Haß gegen Napoleon Iii. Sie meinten, daß der fran-
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand_Ii Ferdinand Graf_Walewski Mazzini Napoleon
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Neueste Geschichte. 3. Periode.
sich für seine nächsten Schritte das Einverständniß mit dem französischen Kaiser.
Sardinische Truppen zogen sich in den ersten Tagen des Septembers an der Grenze des Kirchenstaates zusammen. Der Papst hatte bereits seit dem April 1860 die Organisation eines päpstlichen Heeres angeordnet und dieselbe dem französischen General Lamoriciere übertragen. Dieses Heer, aus Oestreich ent, Irländern, Belgiern, Franzosen und andern Ausländern zusammen geworben, war 20,000 Mann stark. Bei der Annäherung der Sardinier erhoben sich in den päpstlichen Provinzen, Umbrien und den Marken, überall Aufstände für den Anschluß an Sardinien. Am 11. September überschritten die sardinischen Generale Cialdini und Fanti mit ihren Truppen die Grenze des päpstlichen Gebietes. Lamori-ciere rückte ihnen entgegen; es kam am 18. zur Schlacht bei Eastel-sidardo, in welcher auf beiden Seiten mit großer Tapferkeit gefochten, das päpstliche Heer aber geschlagen wurde. Ancona, wohin sich die Trümmer desselben zurückgezogen hatten, ergab sich am 29.
Während dieser Zeit hatte auch Garibaldi den Kampf wieder aufgenommen. König Franz Ii., in seinem Unglück zu Entschlossenheit und Ausdauer sich ermannend, hatte mit den ihm treu gebliebenen Truppen, immer noch gegen 40,000 Mann, die Gegend am Volturno besetzt. Es kam zu sehr ernstlichen, auch auf Seite der Königlichen sehr nachdrucksvollen Kämpfen, namentlich am 1. October bei Caserta. Obwohl Garibaldi in seinen Stellungen sich behauptete und am 8. October auch die Belagerung von Capua begann, mußte er doch einsehen, daß es ihm mit seinen Freiwilligen-schaaren allein nicht gelingen werde, die königliche Armee.zu überwältigen und Capua zu nehmen. Dazu kamen andre Schwierigkeiten in der Lage des Dictators. Mazzini's Umtriebe in Neapel wollten ihn in eine Entzweiung mit Sardinien hineindrängen, damit das Ziel der Bewegung nicht das einige Königreich Italien, sondern die Republik werde. Andre wollten zwar ein anderes Fürstenhaus auf dem Throne Neapels, aber es sollte ein abgesondertes Königreich bleiben. Auch die Anhänger der Bourbonen waren für ihre Zwecke thätig.
Garibaldi eilte aus dem Lager nach der Hauptstadt und beschwichtigte die Aufregung ihrer Bewohner, welche sich laut gegen die mazzinistischen Umtriebe aussprachen. Vornemlich aber wurde die Gegenwart Victor Emannels nothwendig. Er hatte erklärt,
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1866 bis 1870. Spanien.
387
1867 im August schon wieder einen durch Prim von Belgien aus eingeleiteten Ausstand in Catalonien und Andalusien zu bekämpfen hatte. Narvaez starb im April 1868; ihm folgte als Ministerpräsident Gonzalez Bravo, welcher, die Befestigung der absoluten Herrschergewalt erstrebend, wenige Monate darauf, um neuen Militärunruhen vorzubeugen, eine Anzahl angesehener Generale, unter ihnen auch Serrauo, verhaften und nach den balkarischen und canarischen Inseln, oder in feste Plätze Spaniens abführen ließ. Auch der Herzog von Montpensier erhielt, obgleich seine Gemahlin die einzige Schwester der Königin war, den Befehl das Land zu verlassen. Diese Gewaltschritte erregten große Erbitterung in der Armee, und die verbannten Generale, mit ihnen auch Prim, schmiedeten nun Pläne zum Umsturz der Regierung. Am 17. September 1868 erfolgte in Cadix der Ausbruch der Revolution. Der Befehlshaber der dortigen Kriegsschiffe, Admiral Topete, proclamirte den Angriff gegen die Regierung; die Besatzung der Flotte und der Stadt erklärte sich für den Aufstand. Prim eilte aus England herbei, auch Serrauo und die andern verbannt gewesenen Generale sanden sich ein; sie kündigten in einem gemeinschaftlichen Manifest an die Spanier die politische und sociale Wiedergeburt des Landes an. Ihr Wagniß fand Beifall und Theilnahme, in Sevilla zuerst erhob sich der Ruf: „Meder mit der Dynastie!" Die Königin befand sich nicht in Madrid, sondern in St. Sebastian, in der Nähe von Biarritz, um mit Napoleon Iii., der dort weilte, eine Zusammenkunft zu haben. Gonzalez Bravo war bei der ersten Kunde von der Revolution aus Madrid nach Frankreich geflüchtet. Als diese Nachrichten die Königin erreichten, bemächtigte sich ihrer die größte Unentschlossenheit. Mehrmals war sie im Begriff nach Madrid zurück zu eilen, und jedesmal schrak sie vor der Ausführung des Entschlusses zurück. Als aber ihre Truppen unter General Novaliches an der Brücke von Alcolea, zwischen Sevilla und Cordova, von Serrano geschlagen wurden, und auch Madrid sich für die Revolution erklärte, da verließ sie ihr Königreich und begab sich nach Frankreich. Zunächst nahm sie ihren Aufenthalt in Pau, später in Paris. Napoleon Iii. widmete ihr seine persönliche Theilnahme, enthielt sich aber jeder Einmischung in die spanischen Angelegenheiten. Er konnte damals bei seiner kurzen Begegnung mit der flüchtigen Königin in Biarritz nicht ahnen, daß sich von diesem Momente aus eine Kette von Begebenheiten zusammenschließen werde, welche auch ihm seine Krone kosten
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Extrahierte Personennamen: August Narvaez Gonzalez_Bravo Montpensier Sebastian Napoleon Gonzalez_Bravo Alcolea Serrano Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Belgien Catalonien Andalusien Spaniens England Sevilla Madrid Biarritz Madrid Frankreich Madrid Sevilla Cordova Madrid Frankreich Paris Biarritz
50
Der Ebro entspringt im cantabrischen Gebirge, und
ergießt sich nach einem südwestlichen Lauf in das
mittelländische Meer.
Produkte. — Der Bergbau, welcher früher
höchst bedeutend war, und Gold und Silber lieferte,
ist seit der Entdeckung Amerika's in Verfall gerathen.
Außer diesen edlen Metallen enthalten die Berge
Quecksilber, Kupfer, Blei, Eisen und Steinkohlen.
Salz wird aus dem Meerwasser gewonnen.
Das Pflanzenreich erzeugt Getreide, Südfrüchte,
vortreffliche Weine (Malaga) und Korkeichen. Die
Merinos-Schafe und die audalusifchen Pferde sind
berühmt.
Die Halbinsel zerfällt in zwei Königreiche: Spanien
und Portugal.
a) Spanien.
507,000 Quadrat-Kilom. 16,830,000 Einw.
Spanien wird in 14 Provinzen eingetheilt:
Städte. — Madrid (332,000 E.), m einer dürren
Ebene von Neu-Castilien, Hauptstadt des Landes. —
Toledo (19,000 E.), die alte Hauptstadt Spaniens,
hat berühmte Klingenfabriken. — Valladolid (40,000
E.), mit dem Grabmale des Kolombns. — Zaragoza
(Saragossa) (50,000 E>), am Ebro. — Barcelona
(180,000 E.), Hafen am mittelländischen Meer. —
Valencia (87,000 E.), in einer reizenden Lage, hat
Seidenfabriken. — Alicante und Malaga, liefern
berühmte Weine. — Granada (62,000 E.), Ruinen
eines maurifchen Königspalastes. — Sevilla (82,000
E.), in einer fruchtbaren Gegend. — Cadiz (62,000 E.),
Seehafen am atlantischen Ocean.
Zu Spanien gehört die Inselgruppe der Balearen
im mittelländischen Meere. — Mallorca, mit der
Hauptstadt Palma, ist die größte derselben.
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Extrahierte Personennamen: Toledo
Extrahierte Ortsnamen: Malaga Spanien Portugal Spanien Madrid Spaniens Valladolid Zaragoza Saragossa Barcelona Valencia Alicante Malaga Granada Sevilla Cadiz Spanien